Nettostromerzeugung in Deutschland im Jahr 2020

Erste Version
In diesem Bericht werden die Daten zur deutschen Nettostromerzeugung zur öffentlichen Stromversorgung dargestellt.
Erneuerbare Energien: Solar und Wind
Photovoltaikanlagen speisten im Jahr 2020 ca. 50,7 TWh in das öffentliche Netz ein. Die Produktion hat sich gegenüber dem Vorjahr um ca. 4,3 TWh bzw. 9,3% erhöht.
Die installierte PV-Leistung lag Ende November bei ca. 53,6 GW. Der Zubau im Jahr 2020 betrug bis November ca. 4,4 GW. Die maximale Solarleistung betrug ca. 37,2 GW am 01.06.2020 um 13:00 Uhr. Zu diesem Zeitpunkt kamen 56% der gesamten Stromerzeugung aus Photovoltaik. Der maximale Anteil der Solarenergie an der gesamten Tagesenergie aller Stromquellen lag am 21. Mai bei 32%. Von März bis September 2020 war die monatliche Stromerzeugung von PV-Anlagen höher als die von Steinkohlekraftwerken.
Die Windenergie produzierte im Jahr 2020 ca. 132 TWh und lag ca. 4,6% über der Produktion im Jahr 2019. Die Windenergie war damit die stärkste Energiequelle, gefolgt von Braunkohle, Kernenergie, Gas und Solar. In zehn Monaten übertraf die Windstromproduktion die Erzeugung aus Braunkohle und in allen zwölf Monaten lag die Windenergie vor der Kernenergie. Die maximal erzeugte Leistung betrug ca. 46,9 GW am 22.02.2020 um 20:30 Uhr. Der Anteil von onshore Wind betrug ca. 105 TWh. Offshore Wind konnte die Produktion von 24,5 TWh in 2019 auf 27 TWh in 2020 steigern. In der Nordsee wurden ca. 22,8 TWh erzeugt. Die offshore Produktion in der Ostsee lag bei ca. 4,2 TWh. Ende November 2020 lag die installierte Leistung von onshore Wind bei 54,6 GW und von offshore Wind bei 7,74 GW.
Gemeinsam produzierten Solar- und Windenergieanlagen im Jahr 2020 ca. 183 TWh. Sie liegen damit erstmals vor der Summe aller fossilen Quellen (Braunkohle, Steinkohle, Öl und Gas), die 178 TWh.produzierten.
Erneuerbare Energien: Wasserkraft und Biomasse
Die Wasserkraft produzierte ca. 18,3 TWh gegenüber 20,6 TWh in 2019. Die installierte Leistung liegt bei ca. 4,8 GW. Sie hat sich gegenüber dem Vorjahr kaum verändert.
Aus Biomasse wurden ca. 45,5 TWh produziert. Die Produktion ist damit leicht höher als 2019, aber etwas niedriger als 2018.
In Summe produzierten die Erneuerbaren Energiequellen Solar, Wind, Wasser und Biomasse im Jahr 2020 ca. 246 TWh. Sie liegen damit 4% über dem Niveau des Vorjahres mit 236 TWh. Der Anteil der Erneuerbaren Energien an der öffentlichen Nettostromerzeugung, d.h. dem Strommix, der tatsächlich aus der Steckdose kommt, lag bei über 50%.
Die gesamte Nettostromerzeugung beinhaltet neben der öffentlichen Nettostromerzeugung auch die Eigenerzeugung von Industrie- und Gewerbebetrieben. Diese erfolgt hauptsächlich mit Gas.
Der Anteil der Erneuerbaren Energien an der gesamten Bruttostromerzeugung einschließlich der Kraftwerke der „Betriebe im verarbeitenden Gewerbe sowie im Bergbau und in der Gewinnung von Steinen und Erden“ liegt gemäß den Berechnungen des BDEW bei ca. 44,6%. Der Anteil der Erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch beträgt gemäß BDEW 46,3 %. Siehe https://www.bdew.de/media/documents/Jahresbericht_2020_20201218.pdf
Nicht erneuerbare Erzeugung
Die Nettostromproduktion aus Kernkraftwerken betrug 60,9 TWh und lag damit ca. 14% unter dem Vorjahresniveau von 71 TWh. Der Rückgang ist durch die Abschaltung des Kernkraftwerks Philippsburg 2 begründet.
Braunkohlekraftwerke produzierten 82 TWh netto. Das sind ca. 20 TWh bzw. 19,6% weniger als 2019. Für den starken Rückgang in der Stromerzeugung aus Braunkohle sind mehrere gekoppelte Faktoren verantwortlich: höhere CO2-Zertifikatspreise, höhere Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien, niedrigere Börsenstrompreise, niedriger Gaspreis, geringerer Stromverbrauch und weniger Stromexporte.
Die Nettoproduktion aus Steinkohlekraftwerken betrug 35,6 TWh. Sie war um 13,9 TWh bzw. 28% niedriger als im Jahr 2019, in dem 49,5 TWh netto produziert wurden.
Gaskraftwerke haben 59 TWh netto für die öffentliche Stromversorgung produziert. Sie lagen damit 6 TWh bzw. 11,7% über dem Niveau des Vorjahres. Gründe für die Steigerung sind u.a. die niedrigen Gaspreise und die hohen CO2-Zertifikatspreise. Neben den Kraftwerken zur öffentlichen Stromversorgung gibt es auch Gaskraftwerke im Bergbau und im verarbeitenden Gewerbe zur Eigenstromversorgung. Diese produzierten zusätzlich ca. 25 bis 30 TWh für den industriellen Eigenbedarf, der in dieser Veröffentlichung nicht berücksichtigt wird.
Exportüberschuss
Im Jahr 2020 wurde ein Exportüberschuss (physikalische Flüsse) von ca. 18 TWh erzielt. Das ist ein deutlicher Rückgang gegenüber dem Jahr 2019, in dem der Exportüberschuss bei 34 TWh lag. Der Großteil der Exporte floss nach Polen (11,2 TWh), gefolgt von Österreich (8,4 TWh), Tschechien (6 TWh) und der Schweiz (5 TWh). Deutschland importierte 10,3 TWh Strom aus Frankreich. Die physikalischen Stromflüsse liefern keine Auskunft darüber, ob der Strom tatsächlich im Land verbraucht wurde, oder ob er an Nachbarländer weitergeleitet wurde.
Beim geplanten Stromhandel ergibt sich ein anderes Bild. Hier zeigen sich Exporte nach Österreich (18,4 TWh), Tschechien (3,8 TWh), Luxemburg (3,8 TWh), Polen (2,9 TWh) und Frankreich (1,6 TWh). Importe erfolgen aus Dänemark (6,9 TWh), Schweden (2,1 TWh), Niederlande (1,6 TWh) und Schweiz (1,4 TWh).
Die 90 km lange Gleichstromleitung ALEGrO verbindet seit dem 25.09.2020 Belgien mit Deutschland und die Gleichstromleitung NordLink verbindet seit dem 20.10.2020 Norwegen mit Deutschland. Dadurch hat Deutschland elektrisch gesehen nun zwei neue Nachbarländer zum Stromaustausch.
Beim Außenhandel mit Strom wurden bis einschließlich Oktober 34,9 TWh zu einem Wert von 1,5 Mrd. Euro eingeführt. Die Ausfuhr lag bei 45,2 TWh und einem Wert von 2,05 Mrd. Euro. Im Saldo ergibt sich für die ersten zehn Monate ein Exportüberschuss von 10,3 TWh und Einnahmen im Wert von 549 Mio. Euro. Eingeführter Strom kostete durchschnittlich 42,87 Euro/MWh und ausgeführter Strom 45,27 Euro/MWh.
Last, Börsenstrompreise und Marktwert
Die Last betrug 475 TWh. Das sind ca. 2% weniger als 2019 mit 485 TWh.
Die Last beinhaltet den Stromverbrauch und die Netzverluste, aber nicht den Pumpstromverbrauch und den Eigenverbrauch der konventionellen Kraftwerke.
Der durchschnittliche volumengewichtete Day-Ahead Börsenstrompreis lag bei 29,52 €/MWh. Das sind 19% weniger als in 2019 mit 36,64 €/MWh. Das Handelsvolumen lag 2020 bei 216 TWh.
Der durchschnittliche volumengewichtete Intraday Stundenpreis betrug 32,53 €/MWh, 15,5% weniger als in 2019. Das Handelsvolumen betrug 46 TWh.
Der Marktwert des Windstroms lag bei 25,26 Euro/MWh bzw. 83%. Solarstrom hatte einen Marktwert von 24,38 Euro/MWh bzw. 80%.
Anhang und Erläuterungen
Version History
Die erste Version der Jahresauswertung 2020 vom 02.01.2021 berücksichtigt alle Stromerzeugungsdaten der Leipziger Strombörse EEX bis einschließlich 31.12.2020. Über die verfügbaren Monatsdaten das Statistischen Bundesamtes (Destatis) zur Elektrizitätserzeugung bis einschließlich September 2020 und die Monatsdaten zur Ein- und Ausfuhr von Elektrizität bis einschließlich Oktober 2020 wurden die Stundenwerte der EEX energetisch korrigiert. Für die restlichen Monate wurden die Korrekturfaktoren auf Basis von zurückliegenden Jahresdaten abgeschätzt. Die hochgerechneten Werte unterliegen größeren Toleranzen.
Unterschied zwischen Brutto- und Nettoerzeugung
In diesem Bericht werden die Daten zur deutschen Nettostromerzeugung zur öffentlichen Stromversorgung dargestellt. Bei der Verwendung von Nettogrößen wird der Eigenverbrauch eines Kraftwerks direkt aus der Bruttostromerzeugung des Kraftwerks versorgt. Die Differenz zwischen Bruttostromerzeugung und Eigenverbrauch ist die Nettostromerzeugung, die in das Netz eingespeist wird. Nach dieser Konvention wird z.B. eine Kohlemühle im Braunkohlekraftwerk direkt aus der Stromerzeugung des Kraftwerks versorgt und damit ausschließlich mit Braunkohlestrom betrieben.
Die komplette Stromwirtschaft rechnet mit Nettogrößen, z.B. für den Stromhandel, die Netzberechnung, Netzauslastung, Kraftwerkseinsatzplanung usw.
An der deutschen Strombörse EEX wird ausschließlich die Nettostromerzeugung gehandelt, die Übertragungsnetzbetreiber rechnen mit Nettoströmen und bei den grenzüberschreitenden Stromflüssen werden auch nur Nettozahlen gemessen.
Die Nettostromerzeugung repräsentiert den Strommix, der tatsächlich zu Hause aus der Steckdose kommt und der im Haushalt verbraucht wird bzw. mit dem auch Elektrofahrzeuge öffentlich geladen werden. Der Stromzähler im Haus misst auch den Nettostrom, der verbraucht oder eingespeist wird.
Die AG Energiebilanzen verwendet die Daten der gesamten Bruttostromerzeugung. Diese beinhaltet auch den Eigenverbrauch der Kraftwerke, der direkt im Kraftwerk verbraucht wird und physikalisch gar nicht in das öffentliche Stromnetz eingespeist wird. Auf der Verbrauchsseite wird der Eigenverbrauch der Kraftwerke dem Bruttostrom-verbrauch zugerechnet, damit die Bilanz wieder stimmt. Nach dieser Konvention wird z.B. eine Kohlemühle im Braunkohlekraftwerk mit dem Bruttostrommix und damit mit ca. 46% erneuerbaren Energien betrieben.
Außerdem berücksichtigt die AG Energiebilanzen auch die Eigenstromerzeugung der Industrie, den sogenannten „Betrieben im verarbeitenden Gewerbe sowie im Bergbau und in der Gewinnung von Steinen und Erden“. Diese Eigenerzeugung wird direkt in den Betrieben verbraucht und auch nicht in das öffentliche Netz eingespeist. Bruttozahlen werden nur zu statistischen Zwecken erhoben, finden aber in der täglichen Stromwirtschaft keine Anwendung.
Die Daten zur öffentlichen Nettostromerzeugung und zur gesamten Bruttostromerzeugung unterscheiden sich deutlich. Dadurch ergeben sich auch deutlich unterschiedliche Anteile der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung bzw. am Stromverbrauch.
1 TWh = 1 Terawattstunde = 1000 Gigawattstunden (GWh) = 1 Million Megawattstunden (MWh) = 1 Milliarde Kilowattstunden (kWh)
Die nächsten Energy-Charts Talks Termine
Dienstag, 01.04.2025
Montag, 05.05.2025
Montag, 02.06.2025
Live um 17 Uhr (MEZ), über Teams
https://s.fhg.de/energy-charts-talksAufzeichnungenFolgen Sie uns
X
@energy_charts_dBluesky
@energy-charts.bsky.socialMastodon
@energy_charts_dThreads
@energy_charts